[Diese Anekdote] handelte sich um eine vom Konservatorium
ausgeschriebene Kompositionskonkurrenz, an der sich
Mahler mit einer Symphonie beteiligte, weil er durch
den zu erringenden Preis seinen Eltern den Beweis
seiner berufenen Künstlerschaft geben wollte. Einen
Tag vor Ablauf des Einreichungstermins wird die
Symphonie vom Schulerorchester vor der Jury
durchgespielt: ein heillos kakophonisches Chaos,
eine unkenntliche Mißklangsorgie kommt zutage. Es
stellt sich heraus, daß freundliche Mitschüler
heimlich in Partitur und Stimmen beliebige
entstellende Noten eingefügt hatten, um das Werk des
Kollegen zu disqualifizieren. Mahler ist verzweifelt;
unmöglich, bis zum nächsten Tag die Partitur wieder
herzustellen und neue Stimmen kopieren zu lassen —
man kann die Stimmung des um seinen Wunsch durch
albernste Gehässigkeit betrogenen Jünglings
begreifen. Aber diese Stimmung ist nicht von Dauer:
er überlegt, daß bis zum Ablauf des Termins doch
noch mehr als zwölf Stunden übrig sind, rafft sich
zusammen und konzipiert aus schon gehegten Themen
einen Streichquintettsatz — Freunde erzählen sogar
von einem ganzen Quintett — , den er über Nacht
niederschreibt. Und erringt damit den Preis. |
[This anecdote] concerns a
composition competition announced by the
Conservatoire in which Mahler participated with a
symphony because
he wished to give his parents evidence of his
artistic calling. One day before the expiry of the
period for submissions the symphony was played
before the jury by the student orchestra: an unholy,
cacophonous chaos, an unbelievable orgy of discords
was revealed. It turned out that obliging fellow
students had secretly introduced arbitrary,
disfiguring notes into the score and the parts in
order to disqualify their colleague's work. Mahler
was in despair. It was impossible to correct the
score and have the parts re-copied by the next day –
one can imagine the mood of the youth cheated of his
wish by such absurd malice. But this mood did not
last long: he reflected that there still remained
over twelve hours before the closing date for
submissions, pulled himself together and drafted a
movement for string quintet from pre-existing themes
– friends even speak of a whole quintet – which he
copied out overnight. And with it he won the prize. |